Warum der "Corona-Blues" im Hause Metzger ein Fremdwort ist

Das Schweinfurter Ehepaar hat die eigene Wohnung in ein Kraft- und Kampfsportstudio umgebaut. Wie ein Adventskalender das gemeinsame Training optimierte.



Das Ehepaar Julia und Alexander Metzger lässt sich auch durch Corona nicht aufhalten. In ihrer Wohnung im Schweinfurter Stadtteil Bergl trainieren beide gemeinsam fleißig weiter.

Zu Beginn des ersten "Lockdowns" im letzten Frühjahr war sich Alexander Metzger sicher, die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen würden uns alle noch länger begleiten. Kurzerhand stattete sich der ambitionierte Kampf- und Kraftsportler mit eigenem Equipment für zuhause aus. Ein Blick in seine Wohnung im Schweinfurter Stadtteil Bergl heute, über ein Jahr nach Ausbruch des Corona-Virus, zeigt, was mit etwas Kreativität und Aufwand sportlich auch in diesen Zeiten möglich sein kann. Gefühlt die Hälfte der Wohnung kann Metzger in wenigen Minuten zum Trainingsbereich umfunktionieren. Im Gang lehnen Matten an der Wand, auf denen er Brazilian Jiu Jitsu trainieren kann.

Über das Internet hat er sich in dieser Disziplin weiterentwickelt und online den Sport-Kettlebell-Trainerschein bei einem Weltmeister dieser Sportart von den Philippinen gemacht und an vielen Online-Wettbewerben, unter anderem in Hongkong und England, mit Spitzenplatzierungen in seiner Klasse teilgenommen. Künftig möchte Metzger Kettlebell auch in Schweinfurt, bei seinem Verein AC 82 etablieren.

Durch Kettlebell ist er auch unter die Influencer gegangen. Auf seinem Instagram-Profil zeigt er die Facetten der Sportart. "Ich wollte damit den Leuten auch einfach zeigen, dass sie auch jetzt daheim trainieren können, wenn sie Lust haben", erklärt er. In der Pandemie-Zeit erkennt er auch durchaus einige positive Effekte. "Sportlich halten die Leute viel mehr zusammen", findet er. Gerade im Kettlebell konnte er sich in den letzten Monaten weltweit vernetzten.

Training im Wohnzimmer
In den Trainingshallen des AC 82 in Bergl betreibt er zu "Normalzeiten" neben Jiu Jitsu auch Gewichtheben. Dafür ist er in der Zeit in der die Sporthallen geschlossen bleiben müssen, ebenfalls in seinen vier Wänden bestens ausgestattet. Im Wohnzimmer hat er an der Wand ein "Rack" installiert, dass sich erstaunlich platzsparend verstauen lässt und in wenigen Minuten und mit ein paar Handgriffen aufbauen lässt.

Viele Kraftsportler in Schweinfurt hätten sich in der Corona-Zeit Garagen angemietet, berichtet Metzger. Auch eine Lösung – vor allem um das Techniktraining, das in der Wohnung vernünftigerweise nur eingeschränkt durchführbar ist, zu absolvieren.

Bayerische Meister
Neben Nachbarn und Vermietern ist in der Regel auch nicht jeder Mitbewohner automatisch begeistert, wenn plötzlich ein kleines Gym in der Wohnung entsteht. Bei den Metzgers stellt das aber kein Problem dar. Alexanders Ehefrau Julia ist selbst Gewichtheberin in der Ersten Mannschaft des AC 82 in der Bayernliga. Eigentlich ist die 33-Jährige sogar die Ambitioniertere in dieser Disziplin. "Sie brennt richtig dafür", sagt Alexander. Seine Begeisterung gehört mehr dem Kampfsport. "Ich kämpfe einfach gerne", sagt der 35-Jährige, der auch mal deutscher Vizemeister im Sambo Combat war.

Über einen Zirkeltrainingkurs, den die beiden zusammen besuchten, sind sie vor vier Jahren irgendwie beim Gewichtheben hängen geblieben. Und kurz vor dem Ausbruch der Pandemie gewann das Ehepaar jeweils einen Meistertitel bei den Bayerischen Master Meisterschaften, die im März 2020 vom AC 82 Schweinfurt ausgetragen wurden.

Der letzte Reiz fehlt
Seither aber steht das Vereinsleben weitgehend still. "Es fehlt," finden beide. "Ich mag es einfach an Wettkämpfen teilzunehmen", fügt Alexander an. Auch Julia mag den Reiz des Wettkampfes, im Training falle zwar vieles leichter, aber mit Zuschauern und vor den Augen des Kampfrichters, brauche es einfach, trotz der Aufregung, viel Konzentration und den absoluten Fokus.

Das Gewichtheben ist, was Laien oft unterschätzen, eine sehr technische Angelegenheit. "Man muss im Gewichtheben immer dran bleiben", sagt Julia: "Man will ja auch immer besser werden." Mit einem Lachen erinnert sie sich an ihre ersten Wettkämpfe: "Da hat man gar nicht erkannt, dass das Gewichtheben sein soll." Aber sie machte schnelle und beeindruckende Fortschritte.

Viel auch für das Leben gelernt
Um ganz oben anzugreifen, hat sie allerdings etwas zu spät mit dem Sport angefangen, findet sie. Das Gewichtheben hat sie aber Vieles für das normale Leben gelehrt. Unter anderem den nötigen Ehrgeiz zu entwickeln und an seinen Zielen dranzubleiben. Eigenschaften, die das Ehepaar ihre kleinen Tochter vorleben können, genauso wie den Kindern im Beruf – beide arbeiten als ErzieherIn.

Die "große Familie", der AC 82 Schweinfurt, fehlt den Metzgers trotzdem an allen Ecken und Enden. Aber die beiden haben ja sich. Schon seit 14 Jahren sind sie ein "Team", seit 2016 verheiratet. Im Training spornen und sticheln sie sich gegenseitig an. Das klappt auch in Corona-Zeiten. Letzten Dezember etwa mit einem Adventskalender, bei dem sich hinter jedem Türchen eine Trainingsaufgabe verbarg. Alexander glaubt auch, dass das gemeinsame sportliche Hobby der Beziehung sehr gut tut. Ein Corona-Blues findet im Hause Metzger zwischen den Matten und Trainingsgeräten jedenfalls keinen Platz.

Quelle: Mainpost Schweinfurt (Text und Fotos: © Stefan Krapf - 16.05.2021