Schweinfurt - Ein ganz sportlicher Oberbürgermeister nahm zur Eröffnung der neuen Sportstätte des AC 82 Schweinfurt gerne auch mal eine Hantel in die Hand. Sebastian Remelé war "erstaunt bis sprachlos" von den neuen Räumen des Athleten-Clubs am Bergl in der Oskar-von Miller-Straße, erinnerte aber gleichzeitig daran, dass der Verein eigentlich nur deshalb nun eine so wunderschöne Heimat hat, weil der Stadtrat den AC 82 im Dezember 2009 noch gewaltig verärgerte. "Mit einer Sonderfinanzierung haben wir damals gerne nicht geholfen, weil wir damals schon diese Perspektive erahnten", spaßte der OB zu einer einst sehr ernsten Angelegenheit.
Rückblende: 1982 machten sich die aus dem Sportclub 1900 hervorgegangenen Schweinfurter Gewichtheber selbständig, zogen in Trainingsräume im ehemaligen alten Krankenhaus ein. Das wird seit Ende September bekanntlich abgerissen, weshalb dem AC schon vor Jahren - man erfuhr es damals aus der Presse - klar wurde: Eine neue Stätte muss her! Zunächst fand man eine Lösung, wollte wieder gemeinsame Sache machen mit dem SC 1900, bat aber für teure Umbaumaßnahmen um einen zusätzliche Förderung seitens der Stadt. Mit 7:6 Stimmen sagte der Finanzausschuss zu, mit 22:23 kippte aber letztlich der Stadtrat im Rathaus diese Entscheidung wieder. "Weil wir alle 83 Vereine in Schweinfurt gleich behandeln müssen", sagt Remelé heute noch.
Der AC 82 schien damals am Boden, fand dann aber doch noch eine Lösung: Gegenüber der Wohnscheibe stand ein ehemaliger Lebensmittelladen leer. Und genau dort sind die Kraftsportler nun seit 1. Oktober offiziell zuhause. Rund 40.000 Euro stellte die Stadt an regulären Zuschüssen zur Verfügung. Auch der BLSV und die Oscar-Soldmann-Stiftung unterstützten, so dass der Invest von rund 280.000 Euro vom Verein locker - passt ja auch zum Gewichtheben! - gestemmt werden konnte. "Unsere Schulden sind mit 25.000 Euro überschaubar", weiß der 1. Vorsitzende Michael Strauch, der mittlerweile von einer "göttlichen Fügung" spricht, weil der Deal mit des SC 1900 scheitern musste. Über 1000 Stunden eigene Arbeitsleistung steckte der Verein in den Umbau, ersparte sich so rund 10.000 Euro an Kosten.
Alt, muffig und dunkel waren die einstigen Räume im alten Krankenhaus. Hell und modern sind nun die neuen, die mit einem Tag der offenen Türen eingeweiht wurden. Auf 350 Quadratmeter inclusive Aufenthaltsraum (dem einstigen Kühlram) verbesserte sich der Verein. Wesentlich neu ist ein Heberpodium, das es so in der alten Heimat nicht gab. 6500 Euro kostete alleine das, wonach der AC mit drei dicken Lagen Holz und Gummi auf vier mal vier Metern bestens ausgerüstet ist, um endlich auch mal Wettkämpfe in eigenen Räumen zu veranstalten. Schon am 26. 11. gastiert die Frankenliga am Bergl, am 17.12. steht ein unterfränkisches Bezirksturnier an.
Mit einer Glasschiebewand ist dieser Wettkampfbereich abtrennbar vom Trainingsareal. Für rund 2000 Euro ersteigerte Ralf Schlenz im Internet diese Trennwand. Ein umgebautes Einkaufszentrum in Augsburg benötigte sie nicht mehr. 2500 Euro kostete die dazu passende Stahlkonstruktion. Elf Tonnen Holz verarbeitete der Verein. Gut nur, dass ein Parkettlegermeister Mitglied ist. 135.000 Euro an Eigenkapital steckte der AC in Umbau und Umzug. Geld, das laut Finanzvorstand Schlenz zusammenkam in all den Jahren durch Mitgliedsbeiträge. 105 Personen haben sich, Stand 1.10., im Verein eingetragen. "Sieben sind erst in den letzten Wochen hinzugekomemn. Die Leute sehen das hier und es gefällt", hat Schlenz erfahren. Kraft-Training an rund 30 Qualitätsgeräten ist beim AC 82 möglich, Langhantel-Training ebenso.
Man muss kein Gewichtheber sein oder werden wollen, um beim Verein willkommen zu sein. Nebenan in der Wohnscheibe hat beispielsweise Elisabeth Weber ihre Praxis für Krankengymnastik. Seit 1982 ist sie in Schweinfurt, 2012 also gibt´s einen Doppel-Geburtstag. Womöglich mit einer dann längst beschlossenen Kooperation. Denn Weber setzt auf Präventionsmaßnahmen, hält Kraft-Training für bestens geeignet. Eine Rückenschule beim AC 82 oder Gymnastikkurse auf einer vorhandenen Fläche? Durchaus denkbar! OB Remele, dessen Söhne Friedrich und Georg interessierte Eröffnungsgäste waren, kennt ohnehin das Potenzial am Bergl, von dem er ja stammt. "Hier leben viele junge Menschen mit einem Migrationshintergrund. Geben sie der Jugend eine Heimat", regte der Oberbürgermeister zu einem pädagogischen Beitrag des Sportvereins an und erzählte eine Geschichte von seinen regelmäßigen Fußmärschen von Zuhause ins Rathaus. Eine schon 82 Jahre alte Dame trifft er unterwegs öfters, die dann gerade auf dem Weg ins Fitnessstudio ist.
Zielgruppe zwei sind also die Rentner, die man in den Fitnessstuidos der Stadt vormittags zuhauf antrifft. "Eine neue Generation alter Leute" ist es für Michael Strauch, die bei nur elf Euro Mitgliedsbeitrag im Monat den AC 82 interessant finden dürfte. "Senioren wollen wir hier rein kriegen", sagt der Vorsitzende, auch für Schichtarbeiter bietet der Verein ein Vormittagstraining an. Und natürlich für seine Aushängeschilder, die erste Mannschaft, die in der Frankenliga Gewichte hebt, sowie die Senioren, die sich in der Masterrunde seit Jahren immer wieder gut schlagen.
Eine junge Dame aber ist die wohl erfolgreichste Athletin: Ulrike Zehnder (Foto) wurde eben erst wieder Bayerische Meisterin, war auch national schon ganz oben auf dem Podest und hob für Deutschland international. Die 34-Jährige Schweinfurterin, die jetzt in Volkach als Versicherungskauffrau arbeitet, kam 1992 rein zufällig zum Gewichtheben. "Beim Schweinfurter Ferienprogramm standen Fitness und Kraftsport an, da habe ich mitgemacht. Die Atmosphäre bei den Gewichthebern war familiär, also bin ich hängen geblieben", erzählt die nur 1,58 Meter große und rund 50 Kilo leichte Athletin. Damals übte sie erstmals in den Räumen im alten Krankenhaus. Für künftige Anfänger wirkt die neue Heimat des AC 82 weitaus cooler.
Auf dem Bild mit den fünf Personen von links: Thomas Walz (Vorsitzender Sport des AC 81 Schweinfurt), Ralf Schlenz (Vorsitzender Finanzen), Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé, Michael Strauch (1. Vorsitzender des AC 82 Schweinfurt) und Karl-Heinz Kauczok (Vorsitzender des Stadtverbandes Sport).
Quelle: http://www.nuus.de - 1. Oktober 2011 - geschrieben von Michael Horling - Fotos von Michael Horling