Athletenclub: Drei Brummbären, ein Vogel und viel Arbeit

Athletenclub hat neue Räume am Bergl bezogen – 1 000 Arbeitsstunden Eigenleistung

Natürlich braucht es Männer von ganz besonderem Kaliber, um 40 Kraftmaschinen und eine Handvoll Cardiogeräte quer durch die Stadt zu transportieren. Und es braucht eine ganze Menge Courage, den Umbau eines ehemaligen Einkaufsmarktes in ein Trainingscenter anzugehen. Außerdem braucht es Ausdauer und Hartnäckigkeit, wenn man Beiträge zahlende Vereinsmitglieder zur ehrenamtlichen Mitarbeit an einem solchen Mammutprojekt bewegen will. Letztlich braucht es wohl auch ein breites Kreuz, auf dem sich so manche Abfuhr und auch Anfeindung tragen lässt.

All' diese Eigenschaften und insbesondere die körperlichen Voraussetzungen bringen die drei gut gebauten Herren aus der Vorstandschaft des Athletenclubs 82 Schweinfurt mit. Michael Strauch, Thomas Walz und Ralf Schlenz wirken wie langmütige Brummbären, wenn sie dieser Tage so in dem noch wenig sortierten Aufenthaltsraum ihrer neuen Heimstätte vor der Wohnscheibe am Bergl sitzen und sich Gedanken machen, wie der Tag der Eröffnung ausgestaltet werden könnte. Der rückt näher, denn am 1. Oktober soll unter offizieller Beteiligung und mit öffentlicher Besichtigungsmöglichkeit das neue Domizil freigegeben werden für den Sportbetrieb des Vereins, der nach dem Verlust der Räume im alten städtischen Krankenhaus heimatlos wurde und auch Mitglieder einbüßte.

„Wir waren mal 160, heute sind wir noch rund 100“, berichtet Finanzvorstand Ralf Schlenz, „lange Zeit wusste ja niemand, wann und wo es weiter geht.“ Da war zunächst eine Kooperation mit dem Sportclub 1900 Schweinfurt angedacht auf dessen Gelände am Klingenbrunn. Schlenz hatte die notwendigen Baumaßnahmen geplant und auch die Finanzierung durchgerechnet, die letztlich aber – auch weil die Stadt einen erhofften Sonderzuschuss verweigerte – nicht ganz ausreichte für den Kauf und die Herrichtung der
dortigen Gymnastikhalle. „Aus heutiger Sicht war das eine glückliche Fügung“, sagt nun der Vorsitzende Michael Strauch angesichts der ungewissen Zukunft des Sportclubs nach dem Scheitern der Fußball-Spielgemeinschaft mit dem VfR.

Im Laufe des Jahres 2010 stieß man dann auf den früheren Edeka-Markt an der Oskar-von-Miller-Straße, wurde noch einmal im Stadtrat vorstellig und bekam diesmal auch die notwendige Unterstützung. So rechnete Schlenz also erneut, plante letztlich mit einem auswärtigen Architekten aus der Gewichtheberszene und konnte ein förderfähiges Konzept bei der Stadt und dem wichtigen Zuschussgeber BLSV einreichen, das so auch bewilligt wurde. Seit Jahresbeginn wird also in der aufgekauften Immobilie umgebaut mit veranschlagten Gesamtkosten von 284.000 Euro, die über Zuschüsse, ein Bank- sowie ein Mitgliederdarlehen gestemmt werden. „Wenn alles klappt, haben wir in fünf Jahren nur noch 10 000 Euro Schulden“, rechnet Ralf Schlenz vor.

Für einen Verein mit dann eigener Liegenschaft in bestem Zustand und von nicht unerheblichem Wert ist das wenig; das wissen die drei Herren des AC Schweinfurt und schmunzeln. „Zu den Sorgenkindern der Stadt gehören wir jedenfalls nicht“, formuliert es der zweite Vorsitzende Thomas Walz vorsichtig. Dass die Finanzierung so reibungslos über die Bühne ging, ist auch der Bereitschaft eines guten Dutzends Mitgliedern zu verdanken, kräftig selbst mit Hand anzulegen. Rund 1 000 Stunden förderfähige Eigenleistungen stecken in dem Bau, die mit circa 0 000 Euro angerechnet werden. Facharbeiter wie Parkettlegemeister Michael Garbe, der die OSB-Böden im 400 Quadratmeter großen Trainingsraum einbrachte, werden kalkulatorisch höher veranschlagt als einfache Hilfskräfte. Zu letzteren zählte auch Stadtrat und BLSV-Kreisvorsitzender Kurt Vogel.

„Er hat den Mund zu voll genommen“, lacht Schlenz, wenn er sich an Vogels öffentliche Auftritte in der Planungsphase erinnert, als dieser immer wieder ankündigte, eigenhändig mithelfen zu wollen, wenn der Athletenclub die Sache wirklich anginge. Fortan fand er sich auf dem Mailverteiler des Finanzvorstands wieder, bekam jeden Termin der Arbeitseinsätze mitgeteilt und stand eines Tages tatsächlich auch selbst zum Verputzen der Sanitärräume auf der Matte...

Mit Vogels und der anderen Helfer Unterstützung hat sich der AC 82 nun jedenfalls ein repräsentatives Domizil geschaffen. „Das sieht ja aus wie ein richtiges Fitnessstudio“, staunte Paula Walz, die Mutter des zweiten Vorsitzenden, nicht schlecht bei ihrem ersten Besuch nach vollzogenem Umzug. Die 40 Kraftgeräte von Qualitätshersteller Schnell sind vielleicht sogar
noch ein bisschen höher einzustufen, als herkömmliche Seilzugmaschinen, während es bei der Ausstattung im Cardiobereich noch etwas dünn aussieht. Dafür ist man jetzt ganz nah am Werntal und der Parkanlage in Richtung Geldersheim, weshalb Michael Strauch schon davon träumt, dass sich „vielleicht mal eine Laufgruppe bei uns zusammenfindet“ und regelmäßig Gesundheitssport betreibt.

Neben den neuen Umkleiden und Sanitätsräumen gibt es noch einen großen Aufenthaltsraum, in dem schon einige gemütliche Tischgarnituren stehen, für den man sich aber noch eine Küchenzeile wünscht (Schlenz: „Vielleicht findet sich ja noch ein Sponsor. . .“). Besonders stolz sind die Kraftsportler aber auf die durch eine bei Ebay ersteigerte Glas-Faltwand geschaffene Möglichkeit, die Trainingsfläche abzuteilen. So lässt sich bei Wettkämpfen neben dem Heberpodium eine diskrete Aufwärmfläche einrichten. Profitieren werden davon vor allem die Gewichtheber, die sich in der Bezirksliga regelmäßig mit Bayreuth und Röthenbach messen. Vielleicht gibt es aber auch Mal ein größeres Turnier. Dann könnte Ulrike Zehner einen großen Auftritt haben, das Aushängeschild des Vereins und eine der stärksten Frauen Deutschlands in der Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm.

Die Arbeit ist getan. Jetzt wird eröffnet. Und dann hoffen die drei Verantwortlichen des Athletenclubs auf neue Mitglieder. Entsprechende Aufnahmeformulare will man am 1. Oktober „in großer Zahl“ (Michael Strauch) auslegen, denkt, dass sich gerade im Migrantenumfeld des Bergls viele Interessenten finden dürften. Geöffnet ist das Übungszentrum vorerst von Montag bis Samstag zwischen 16 und 20.30 Uhr, wobei sich diese Zeiten jederzeit ausdehnen ließen, „wenn sich jemand findet, der Verantwortung übernimmt“ (Walz).

Danken will die Vorstandschaft zum Schluss den Mitgliedern für ihren Einsatz, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWG für die 14-tägige Verlängerung des Bleiberechts im Alten Krankenhaus und die Bezuschussung des Umzugs mit 1 000 Euro und auch der Oskar-Soldmann-Stiftung, die 6 500 Euro für das neue Heberpodium stiftete.



Drei starke Männer und ihr Mädel: Thomas Walz (zweiter Vorsitzender), Ralf Schlenz (Finanzvorstand)
und Michael Strauch (Vorsitzender) vom Athletenclub Schweinfurt freuen sich gemeinsam
mit Aushängeschild Ulrike Zehner über die Fertigstellung der neuen Räume am Bergl.


Quelle: MAIN-Post Würzburg - 13. September 2011 - geschrieben von Holger Laschka